Jüngere Gedichte von Elmar Woelm
Übersicht
Stille
Schneeflocke
Verweilen
Zeit steht still
Der Strom
Mein Lied
Haikus Anza Borrego, Kalifornien 2011
Ocotillo Wells - Anza Borrega, Kalifornien 2011
Herbstklänge
Perle
Erlaubnis
Alle Gedichte siehe unten ↓
Stille
Elmar Woelm
Sonnenstrahlen, Vogelklänge
milde Luft füllt jedes Haar,
wie das Gluckern aus dem Bache,
was er flüsternd uns gebar.
Kleiber pfeifen, Dohlen schreien,
Morgen füllt uns manchen Ton.
Stille – Klänge, voller Weihen,
Stille – doch du hörst sie schon!
Schneeflocke
Elmar Woelm
Schneeflocke glitzert
Abendstern im Himmelszelt
auf der Rose rot.
Verweilen
Elmar Woelm
Ich möchte
dich einladen,
in jedem Augenblick
zu verweilen.
Manchmal
wirst du es verlieren.
Das ist in Ordnung. –
Verweile
auch damit.
Augenblick für Augenblick
im Strom des Lebens.
Zeit steht still
Elmar Woelm
Im Garten sitzen
und Tee trinken.
Geheimnisvolles
sanftes Flüstern
und Rascheln
des Windes
in den Blättern.
Vögel zwitschern
und die Stimmen
von spielenden Kindern.
Die Rosen betrachten,
den Bach,
die Libellen
über dem Teich,
die schwebend
tanzen –
Plätschern.
Am Himmel
ziehen sanfte Wolken
dahin, dahin, dahin ...
Sonne
auf der Haut
und der Wind
streichelt.
Duft
von Blüten
in der Sommerwärme ...
Die Zeit
steht still!
Der Strom
Elmar Woelm
Ich bin der Strom,
der aufwärts fließt.
Ich bin die Flut,
die sich ins Meer ergießt –
die Ebbe,
die den Deich erstürmt.
Ich bin die Uhr,
die rückwärts läuft.
Ich bin das Feuer,
das kühlt,
das Eis,
das wärmt,
und das Wasser,
das brennt.
Ich bin die Butter,
die bei Kälte zu fließen beginnt,
das Eis,
das bei Hitze gefriert.
Ich bin der Schwarze
mit weißer Haut,
das Bungalow mit Spitzdach,
das Fernsehen ohne Bild.
Ich bin die Katze,
die bellt
und der Hund,
der schnurrt.
das Rhinozeros
das fliegt.
Ich bin die Enge des Kosmos,
und die Weite des Tales,
der Apfel,
der in den Himmel fällt,
und der Fisch,
der über Land wandert.
All das bin ich
und noch viel mehr.
Ich bin der Strom,
der aufwärts fließt.
Mein Lied
Elmar Woelm
Mein Lied
ist der Klang der Sterne.
Mein Lied
ist das Schweigen der Nacht.
Mein Lied
sind die Regentropfen,
die ans Fenster trommeln.
Mein Lied
sind die Vögel,
die am frühen Morgen singen.
Mein Lied
sind die Frösche,
die in der warmen Sommernacht rufen.
Mein Lied
sind die Blätter,
die im Winde flüstern.
Mein Lied
das ist die Stimme meiner Frau,
meiner Kinder, Enkel, Freunde und Lehrer.
Mein Lied
sind die ersten Blüten im Frühling,
das frische Grün im Mai,
die bunten Bäume im Herbst,
der Schnee auf der letzten Rose.
Mein Lied
das ist der Duft deiner Haut,
der Duft von Rosen,
Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Mein Lied
ist der Klang des Lebens,
das Flackern, das Leuchten, die Wärme des Feuers,
Mein Lied
ist das Ticken der Zeit.
Es ist das Brausen des Meeres,
das Zittern von Erdbeben,
das Brodeln von Vulkanen.
Mein Lied
Das ist das Plätschern des Baches
und die Nebel am Morgen,
die Sonne auf meiner Haut.
All das und viel viel mehr,
das ist mein Lied.
Haikus Ansa Borrego
Elmar Woelm
Flirrende Hitze
so weit das Auge auch sehnt.
Anza Borrega.
Heißer Wind vom Berg
lässt das Leben erstarren
Kaktusblüte rot.
Hard guy’s pride and strength
unbearable burning sun
Ocotillo Wells.
Ocotillo Wells
Von den Bergen führt es mich hinab,
endlos schimmernde Weite
tut sich auf,
Anza Borrega!
Noch spüre ich nicht, wie heiß es ist.
Der Schutz moderner Technik
ist anders als eine Reise
zu Fuß oder Pferd.
Farblose Weite, fast,
Land von der Sonne verbrannt.
Die Straße vor mir
verschwindet wie ein Pfeil im fernen Horizont.
Einziger Farbtupfer weit und breit,
mein roter Nissan.
Als hätte Hertz gewusst,
dass ich dieses Rot
für die Fotos brauchen würde.
Heißer Wind fährt mir in den Nacken
als ich aussteige,
um einige Bilder zu machen.
Es verschlägt mir den Atem
und die Haut scheint
augenblicklich auszutrocken.
Bald zurück –
Glitzern der Sonnenglut.
Nissan Airconditioning.
Wie dankbar bin ich heute,
dem Fortschritt der Technik.
Immer tiefer geht es hinein,
heiß, trocken, endlos scheint es.
Die Landschaft
gleitet vorbei,
immer gleich,
immer anders,
immer neu.
Ein Schild am Wege:
„Area For Sale“
Wer zum Teufel,
sollte hier Land kaufen?
Dann plötzlich:
Ocotillo Wells!
Wohnwagen an Wohnwagen
reiht sich.
Manchmal eine einfache Hütte.
Große Werbeplakate locken.
Eine Stadt in der Wüste.
Out-Door-Vergnügen
der besonderen Art.
Herbstklänge
Elmar Woelm
Wenn ich im Herbst
durch den Wald gehe
fühle ich mich
wie diese Bäume.
Farbig, bunt,
errötend, verblassend
mit vollem Herzen,
dieser inneren Kraft
kann ich all diese Schönheit
sehen – innen wie außen.
Und der Wind rauscht
durch die Kronen
Klang der Blätter –
Klang
bis ins tiefste Mark.
Melodie,
die vom Kleinsten
zum Größten schwingt.
Alles erzittert,
vibriert
und dann –
Stille!
Stille!
Kein Ton
keine Farbe
kein Wald.
Schon bald
sind alle Blätter
verweht
vom Wehen
und der Wind
schweigt,
die Bäume befreit
von altem Ballast
von alter Pracht.
Der Wald
ist sich selbst genug
je tiefer man geht.
So still
so einsam
so wach
wacher
als jemals zuvor.
Die Freude
eines ganzen Jahres.
Ernte.
Ein Meer
von miteinander
verbundenen Wesen.
Perle
Elmar Woelm
Perle geborgen
Geboren in Samt
Hat sich verloren
In wildem Land
Perle voll Charme
Kirsche im Saft
Schwellend und warm
Strotzend vor Kraft
Liebe die reich
Sich strömend ergießt –
Ein großer Teich
Der überfließt
Dünen gefunden
Dünen wie Sand
Falten umwunden
Endloses Band
Feuchte Wärme
Ganze Schwärme
Hitze erglüht
Manchmal verfrüht.
Erlaubnis
Elmar Woelm
Und es ist erlaubt,
es ist wirklich erlaubt,
dass du hier bist,
ganz so wie du bist!
Einfach so.
Es ist erlaubt,
dass du
die Freude des Lebens genießt.
Es ist erlaubt,
dass du
leidest,
dich ganz und gar
deinem Leiden hingibst.
Du bist willkommen!
Deine Freude,
deine Sorgen,
dein Leiden.
Öffne dich
und heiße dich selbst
willkommen.
Etwas in dir
ist bereit aufzuwachen
wenn du leidest.
Etwas in dir
wartet schon so lange darauf,
dass du dich
ganz und gar
willkommen heißt.
Mit Haut und Haar!
Ganz und gar.
Ohne wenn und aber,
ohne müsste und sollte.
Du kannst ihn finden,
diesen Ort in dir,
wo du wirklich
zu Hause bist.
Du brauchst nur
all diese äußeren, Sinn-entleerten
Wertmaßstäbe und Urteile
über Bord zu werfen
und das dahinter Liegende
verstehen.
Wenn du erkennst, dass
all deine Leichen im Keller
nur Schall und Rauch sind,
und diesen gewissen Ort betrittst,
wird sich dein Leben
mit einem Male
vollkommen verändern.
Und obwohl sich alles ändert,
bleibt alles wie es war.
Einfach wunderbar!
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