Ältere Gedichte von Elmar Woelm

Übersicht

Sesshin

Het Alloo

Sehnsucht

Wieder einmal Herbst

Sprecht zu mir

Ankunft

Creuse - Les Gorces

Creuse - L'arbre en Creuse

Vorfrühling

Heimkehr

Kein Licht

Abschied

Dankbarkeit

Ihr seid so schön

Melodie am Abend

Alle Gedichte siehe unten

Weihnachtsnachlese


Sesshin

Elmar Woelm


Nichts ist geblieben

von dem sanften Plätschern des Baches.

Die Haltung des Buddha -

ein reißender Strom.

Tausend kleine Teufel,

Narretei von Körper und Geist.


Gestreckter Rücken,

Glatzköpfe in schwarzem Gewand.

Brennende Knie.

Zweifel... Angst!

Fliehen...? Wohin?

Klang der Glocke im Morgenwind.


Wellen der Ungeduld

sitze ich auf dem Kissen.

Stille.

Truthahn und Pfau am Morgen

scheinen zu lachen.

Soeben noch erblüht,

fällt leise die Kirschblüte

im Wind.

Het Alloo

Elmar Woelm


Märzen wieder auf der Insel

ist die Nacht so sternenklar.

In der Ferne hör ich leise

Austernfischer - wunderbar.


Hoch am Himmel Sterne glänzen.

Großer Bär Arcturus weist.

Sirius am Horizont,

Bootes uns willkommen heißt.


Der fast volle Mond im Löwen,

hell, so hell, sich Nacht um Nacht

nähert Marsen, Wandelstern

grüßet uns mit Strahlen sacht.


Oh, welch Wunder, heute scheint

weit im West-Nordwesten weit

über Dächern, Bäumen, Dünen

ein Komet mit breitem Schweif.

Läßt uns Menschen staunen, schauern,

tief geheimnisvolle Welt!


Und nun schau, ach laß dich rühren,

in der hellen Dunkelheit

kann ich sehen, kann ich spüren,

Gottes Weltunendlichkeit.


Eine Sehnsucht, Trauer, Freude

steigt in meinem Herzen auf

und die Seele schwingt sich frei

zu der Sterne fernen Lauf.


Ach, wie wahr, du kannst es greifen:

unbegrenzt wie diese Welt

bist auch du, der diese Weiten

ganz und gar ja selbst erhellt.

Sehnsucht

Elmar Woelm


Manchmal fühle ich mich

wie jemand,

der sein Gedächtnis verlor.

Nur mehr der Hauch einer Erinnerung.


Plötzlich weiß ich

woher meine Traurigkeit rührt.

Ich möchte schreien vor Wut,

toben vor Verzweiflung.


Sehnsucht hat mich erfaßt,

heimzukehren

an den Ort der Ruhe,

des Friedens, der Lebensfreude.


Ich weiß,

daß dies nicht mein zu Hause ist.

Man sagt, wir seien wie die,

die im Wasser schreien,

nach Wasser vor Durst.


Was haben sie, was haben wir 

uns angetan?


In den seltenen Augenblicken der Stille

fühle ich,

wie einfach es ist!

Und schon

hat mich wieder der Strom erfaßt -

zerrt und zurrt

schlimmer als zuvor.


Der menschliche Geist,

ein verrückter Affe,

Maschine.

Wer denkt

in meinem Kopf ?

Ich ! ... Ich ? ... Ich ???

Ich selbst -

das kann nicht sein !

Tausend Stimmen

verdecken mein Sein.


Sehnsucht hat mich erfaßt,

heimzukehren.

Doch nur mehr der Hauch

einer Erinnerung.

Wieder einmal Herbst

Elmar Woelm


Nebelschwaden ziehen

in der kühlen Morgenluft –

rauher Krähenschrei.


Wie in jedem Jahr

bunte Blätter fallen sanft.

Herbstwind in der Nacht.


Von dem roten Wein

alle Blätter wehen nun

doch die Kiefer lacht.


Wenn der Herbstwind weht,

mit dem schlichten Federkleid

Schwalbe fliegt dahin.

Sprecht zu mir!

Elmar Woelm


Ja, hier steh ich, sprecht zu mir !

Sprecht zu mir Sterne und Mond,

sprecht zu mir, ihr Bäume im Wind,

sprecht zu mir, ihr Blumen am Grund.

Gräser, Sträucher, Farne, Moos -

Erde, Steine, Berg und Tal -

Regen, Sonne, Meer und Fluß !


Lausche ich mit offnem Herzen,

eure Botschaft aufzunehmen.

Altes Wissen, lang verborgen:

schenkt es mir, so will ich sorgen,

daß es aller Welt zum Lichte

werden soll bis tief ins All.

Unsre Erde, Stern des Lebens,

dient so allem, all in all.

Ankunft

Elmar Woelm


Sie ist herrlich,

die friedliche Stille

der Insel bei Nacht.

Wind

durchkämmt das lange Gras. -

Wogende Wellen der Dünen.

Meine Haare zerzaust,

lausche ich dem Vortrag

des Meeres.

Die Luft erfüllt vom Rauschen.

Würziger Geruch von Salz und Tang.

Am Himmel der Mond

scheint klar.

Im Herzen die tiefe Stille

von Zazen.

Les Gorces

Elmar Woelm


Alte Mauern, schwerer Stein

Stille in der Einsamkeit,

liegen da in sanfter Ruhe,

verloren jenseits aller Zeit


Kleines Dorf, du hast so viele

Jahre schon gesehn, gelebt,

wie die ganze Creuse blühte 

Menschen mit dem Land verwebt.


Deine Häuser sind verlassen,

Brombeerranken hier und dort.

Und in deinem weiten Schatten

fliehen selbst die Geister fort.


Ort der Kraft, den Odin weihte 

Opferstein in Fels gehaun.

Brunnen an verwunschnem Winkel

dürsten heute Gnom und Faun.


Deine Jahre sind gewesen,

stumm bleibt Menschen Fröhlichkeit.

Nur die Stimmen unsrer Kinder

klingen jenseits aller Zeit.


L’arbre en Creuse

Elmar Woelm


Ach, du stehst so viele Jahre,

gabst den Seelen dein Geleit,

die in jedem Stein sich spiegeln,

deren Einsamkeit heut schreit.


Wie viel Kinder sahst du spielen,

klettern in dem Kronenraum.

Fülltest sie mit deinem Äther,

leitest sie in ihren Traum.


In dem knorrigen Geäste

hocken Geister, flüstern, wispern

von dem Sehnen der Verwirrten

mit den farblosen Gesichtern.


Zweig bedeckt mit Moosen, Flechten,

Blätter sind vom Tau ergraut 

nimmst du aller Zeiten Lasten,

dem, der lebensfroh vertraut.


Alte Eiche, deine Schatten

neigen sich dem Abendrot.

Zauberspiel am Himmel künden

von des Ewigen Gebot.


Ein Gesicht mit rauhen Falten

öffnet seinen stummen Mund.

Und das Wissen von dem Alten

tut sich meinem Herzen kund.


Vorfrühling

Elmar Woelm


Tee im Garten, Frühlingstag

Sonne wärmt mein Herz.

Auf dem Rasen leuchten bunt

Krokus weiß und blau.

Erste Bienen summen schon

brummend rundum rum.


Plötzlich, horch,

ein ferner Schrei,

krächzend in der Luft.

Oh, wo sind sie denn,

ich schau

suchend in das Himmelsblau.


Kinder kommt schnell,

Kinder dort !

Hört und seht, wie hoch sie fliegen.

Gänse auf dem Zug.

Frühling wird es auch für sie,

lockend aus dem warmen Süden

in die Länder fern im Norden.

Ach, wie viele,

da, noch mehr.

In der Form der Eins, ein Pfeil.


Und sie krächzen und sie schrein,

Lebensfreude läßt sie streben.

Und sie folgen und sie folgen

immer nach, dem weiten Geist,

der uns alle hält am Leben,

lenket allen Seiens Zeit.

Heimkehr

Elmar Woelm


Im Glanz der Sterne

weltentiefe Dunkelheit.

Wenn der Abend sinkt

umfängt es mein Herz

mit stiller Einsamkeit.


Ruf der Nacht,

die Sterne tanzen.

Wer könnte verstehn

was mich bewegt

in dieser Zeit?


Trotz aller Sehnsucht

ist es oft so schwer

heimzukehren am Abend,

wenn der Tag sich neigt.

Im Morgentau nicht minder.

Kein Licht

Elmar Woelm


In den dunklen Nächten

tanzt der trunkene Affe

von Ast zu Ast,

hetzt gnadenlos

junge Taubenbrut.

Selbst der kleine Drache flieht,

verkriecht sich voller Furcht

hinter dem Löwen

der laut brüllend

ihn verschlingt.


Welch schwarze Hand

umfängt das Herz des Elefanten,

der zitternd

in die Knie sinkt ?


Der Mönch hält den zerbrochnen Krug

von dem er trank. 

Fuß und Beine spürt er nicht.

Mögen ihn auch tausend

Karnationen strafen. –

Wenigstens jetzt

ein wenig auszuruhn,

ist jedes Opfer wert !


Ein halbes Leben Kampf

in einem fremden Land.

Welch tausend Teufel

konnten ihn bewegen,

zuzustimmen hierzusein ?


So müde

von dem langen Streit,

der Suche und der Einsamkeit.

Fern der Heimat, wo selbst Brüder

Fremde sind

wie Frau und Kind.


Niemand,

Niemand ist hier frei,

das zu tun, was seines ist,

der zu seien, der er ist.


Nebel kommt auf leisen Sohlen,

Dunkelheit durchdringt kein Licht,

als der letzte kleine Stern

hoch am Himmelszelt erlischt.


Abschied

Elmar Woelm


Meinem Vater, der mich zeugte

Mutter, die mich trug – gebar.

Die mich nährten und versorgten

unter Mühen Jahr um Jahr.


Meinen Lehrern, die mir halfen,

diese Welt ein Stück verstehn.

Meinen Freunden, die mich schätzen,

gern die Fehler übersehn.


Meiner Frau, die mich so lang

ertrug – ich danke für die schönen,

reichen Stunden

die wir miteinander waren,

für die wunderbaren

Kinder, die du uns geboren.


Unsre Seelen, lang verbunden,

stolpern in der Dunkelheit.

Geprügelt, verlacht, zerschunden

– und das Wasser ist so weit –

Salz in allen Wunden.


All den Menschen, die mir Hilfe waren,

die mich eine Weile lang

begleitet haben.

Für eure Liebe, Anerkennung und auch Mühe

danke ich, es war nicht wenig,

was ihr mir gegeben habt.


Meinen Kindern, daß sie mich

zum Vater nahmen und für ihre

bedingungslose Liebe, die

sie mir schenkten. – Ich

danke auch für euer Lachen,

eure Fröhlichkeit und euren Blick –

einfach dafür,

daß ihr meine Kinder seid!


Für das Leben, daß mich stützte,

für der Erde festen Grund.

Für die Sonne, die mich wärmte,

für der Blumen Blütenbunt.


Doch nun seht, ist's Zeit ich geh.

Langer Jahre fruchtlos Streben

läßt erschöpft mich niedersinken.

Zins, den ich nicht zahlen konnte

häufte Schulden ohne Ende,

deren Bergeslast mir bindet

schweren Herzens meine Hände.


Wünsch ich euch nun,

all ihr Lieben,

die ihr bleibt noch eine Weil,

möget ihr vollenden können,

was ich fehlte euch zum Heil.


Meine Liebe wird euch leiten,

bis ich selbst nach kurzer Ruh

alte Sühne zu begleichen

wieder schnür den Wanderschuh.

Dankbarkeit

Elmar Woelm


Tausend Lieder, Glanz und Farben

nie gehört und nie gesehn.

All die Liebe deiner Gaben

hat erhört verzweifelt Flehn.


Sternenglanz und Meeresrauschen

steigt in meinem Herzen auf.

Immerzu will ich dir lauschen

folgen der Planeten Lauf.


Dankbarkeit füllt ohne Ende

jeden Winkel, Zeit und Raum.

Demütig heb ich die Hände,

küsse deines Rockes Saum.

Ihr seid so schön

Elmar Woelm


Ihr seid so schön –

all ihr Häßlichen und Ungeliebten.


Wer hat dir gesagt,

wem hast du geglaubt?

Wer konnte dich, du wunderbares Wesen

soweit bringen,

deine Schönheit zu verneinen?


All ihr Einsamen der Erde

Wisset, daß ihr nicht alleine seid!

Wag zu leiden,

wag zu schreien,

wag zu fühlen deine Qual.


Schau dich um,

ja, schau dich um!

Und laß los von der Verneinung,

Verleugnung des, was wirklich ist.


Warum nimmst du dir zum Maße,

die nicht fühlen,

so wie du?

Du bist so schön...


Oh, ihr Menschen, die ihr leidet –

wißt ihr was euch wirklich fehlt?


Eingesperrt in Irrenhäuser,

beurteilt von Dummen, verleumdet, gemobbt.

Verlacht, verspottet, gescholten, gefoppt.

Gequält, gefoltert, im Feuer verbrannt...


Niemand will die Wahrheit sehn –

selbst im allerfreisten Land.


Und nun schrei, erlaub die Tränen,

die so lange warten mußten,

sieh die Qual in diesem Plan.

Fühl die vielen, die hier leiden

Und die vielen, die nicht sehn...

Hör, wie unsre Erde ächzt!


Brecht die harte Schale auf!

Laßt die Herzen endlich bluten,

denn sie sehnen sich danach,

eure Schönheit zu entfalten.


Melodie am Abend

Elmar Woelm


Welche Weisen klingen singend

abendhell in dieser Nacht?

Sanft von Herz zu Herz sich schwingend,

dass die ganze Welt erwacht.


Duft von Rosen hebt sich leise

mit dem Sternenglanz empor,

legt die Hand auf meine Reise

führt mich weiter als zuvor.


Oh, der Schmerz in meinem Herzen -

Mutter deiner Liebe Licht,

ist der schlimmste aller Schmerzen....

noch fasst's meine Seele nicht.


Möchte schützen, möchte helfen,

was die ganze Welt gebar;

all die Jungen, all die Alten,

alles das, was wird und war.


All das Sehnen, all das Streben

in dem Schrei nach Wiederkehr,

alles das wofür wir leben

brennt in Gottes Lichtermeer.

Weihnachtsnachlese

Elmar Woelm


Einfach und schlicht,

herausgeputzt, mit Glitzerwerk.

So - oder so -

Schon sehe ich am Straßenrand

vom Winde geschaukelt

ein letzter Stern

am Weihnachtsbaum.


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